Sprachunterricht findet häufig in der konzeptuellen Blase des Lehrbuches statt. Daran ist zunächst einmal nichts auszusetzen, denn diese sind didaktisch durchdacht und intensiv geprüft. Doch auch im Unterricht gilt die Grundregel variatio delectat. Deshalb führe ich am Ende der Q1 mit meinen Französischkursen eine Globalsimulation durch. Gemeinsam simulieren wir in fiktiven frankophonen Charakteren das Leben auf einer verlassenen Insel. Gemeinsam erlebt die Lerngruppe Abenteuer, die von allen Schülern gleichermaßen mitentwickelt und mitgetragen werden. In diese Geschichte eingebettet werden Grammatik-, Syntax- und Vokabelschulung. Allerdings werden sie nicht als die gewohnten "Übungen des Lehrbuches" wahrgenommen, da sie situativ passend zur Durchführung spezifischer kommunikativer Settings notwendig sind. Die Vorteile liegen auf der Hand: - Motivationssteigerung durch Ausbruch aus der gewohnten Unterrichtsroutine, - Immersion und Partizipation durch interaktiven Einbezug der Schüler in die fiktive Situation, - Sinnhaftigkeit von Sprache durch Einbettung in situative Kontexte. Im Folgenden finden sich Hinweise zur möglichen Durchführung einer solchen Simulation. Die Materialien können gerne im Unterricht genutzt werden. Über Erfolgserlebnisse oder Feedback würde ich mich dann sehr freuen! Viel Spaß! Tobi
Von jetzt an heißt es: Völlige Zielsprachlichkeit. Die Lehrkraft übernimmt die Rolle eines fiktiven französischen Reisebegleiters und begrüßt die (verdutzt dreinblickenden) Schüler auf dem Kreuzfahrtschiff. 1. Personenbeschreibung üben Die SuS werden gebeten, für das Boarding ein Registrierung-Formular auszufüllen. Hier bietet sich der erste Raum für die Kreation einer eigenen fiktiven Person. Je nach Klasse lasse ich Lose ziehen, um Altersgruppen und Geschlechter ausgewogen in der Lerngruppe zu verteilen. 2. Fragen stellenAnschließend begrüßen wir uns im Omnium-Kontakt in der Lobby des Schiffes und führen Small-Talk. "Woher kommst du? Was ist dein Beruf? etc." Bei schwachen Lerngruppen bietet es sich an, vorher noch einmal die Bildung von Fragen zu wiederholen. (Bei starken Lerngruppen könnte man die Inversionsfrage einführen!) 3. Bildung von VergangenheitDen Schülern wird angekündigt, dass sie eine Person auf dem Schiff bereits von früher kennen. Je absurder und lustiger die Begebenheit, desto besser! Die Schüler setzen sich zusammen und formulieren (natürlich in der Vergangenheit) diese Kennentern-Geschichte. 4. ZukunftAbschließend präsentieren die Schüler gegenseitig ihre fiktiven Persönlichkeiten. Das Futur-Simple dient als Basis, um von Träumen und Wünschen in Bezug auf das Reiseziel zu sprechen. Die Doppelstunde endet mit dem Unfall des Kreuzfahrtschiffes und dem vagen Hinweis der Lehrkraft, dass sich jeder Teilnehmer auf ein Rettungsboot retten konnte. CLIFFHANGER-ALARM!
Da die neue Unterrichtsroutine für die Lerngruppe in der zweiten Schulstunde noch ungewohnt ist, starten wir mit einer Traumreise auf die Insel. Hier wiederholt die Lehrkraft noch einmal in möglichst einfachen Worten das bisher Geschehene. Die SuS haben die Möglichkeit, sich ruhig im fiktiven Charakter einzufinden und sich auf die Situation einzustimmen.
Je nach Lerngruppe entscheidet sich die Lehrkraft im Voraus für einen Lenkungsgrad der Aufgabe: 1. Ein gemeinsames Gespräch über das beste Vorgehen zur Erkundung der Insel (stärkere Lerngruppe) oder 2. klare Vorgaben der Lehrkraft mit stützenden Wortstrukturen (meine Wahl bei Schülern der Neueinsetzenden Fremdsprache). Gemeinsam in Kleingruppen "streifen die Personen durch die Insel" und erforschen sie (bitte Tische mit Wörterbüchern, bunten Stiften und leerem Papier vorbereiten). Ihre Erkenntnisse halten sie auf Folie oder Papier in Form einer fiktiven Landkarte fest. Dazu gehören u.A.: Topographie, (essbare oder gefährliche) Tiere, Pflanzen, Gefahren, Verdächtiges...Anschließend gibt jede Gruppe ihrer Insel einen Namen. Zusätzlich notiert jede Gruppe die wichtigsten neuen Vokabeln auf einem Lernzettel. Dieser wird von der Lehrkraft zur folgenden Stunde kopiert. Am Ende der Stunde präsentieren die einzelnen Gruppen ihre Erkenntnisse. Gemeinsam stimmt die Lerngruppe ab, welche Insel sie von nun an bewohnen wollen. Zur nächsten Stunde kopiert die Lehrkraft die entsprechende Landkarte, dass jeder Schüler auf sie zurückgreifen kann. Jetzt kann es mit den Abenteuern auf der Insel losgehen!
Ausgehend von der Landkarte der letzten Stunde werden die Schüler darüber informiert, dass die Lebensmittelreserven, die wir vom Kreuzfahrtschiff retten konnten, knapp werden. Ebenso benötigen wir Unterkünfte, da ein Sturm aufzieht. Diese Stunde dient zur wiederholenden Festigung von sprachlichen Mitteln im Bereich Wohnen und Essen. In dieser Doppelstunde teilen wir die Lerngruppe deshalb in zwei neigungsdifferenzierte Gruppen: 1. Essen und Trinken Ein Teil der Inselbewohner macht sich auf die Suche nach Essbarem auf der Insel. Hierzu fertigen sie eine Übersicht über essbare (und eventuell auch giftige!) Nahrungsmittel der Insel an, die sie später präsentieren. Ein weiterer Teil bereitet währenddessen Kochrezepte vor, um die vorhandenen Ressourcen zu schmackhaften Menüs zusammenzustellen. Als Input gebe ich hier meist (kreolisch-frankofone) Kochrezepte auf YouTube. Eine Einzelperson der Großgruppe ist dafür verantwortlich, alle wichtigen Vokabeln in einem Mindmaps festzuhalten. Diese kopiert der Lehrer am Ende der Stunde, um sie allen Schülern zugänglich zu machen. 2. Wohnen Der andere Teil der Inselbewohner macht sich an die Arbeit, Unterkünfte zu konstruieren. Hierzu finden sie eine geografisch geeignete Stelle auf der Karte (begründen!) und konstruieren verschiedene Hütten. Die Schüler zeichnen Grundrisse der Apartments, Inneneinrichtung, etc. Auch hier werden wichtige Vokabeln separat notiert. Am Ende der Stunde steht die Präsentation aller Ergebnisse in der Großgruppe.
An dieser Stelle haben sich die Schüler erfahrungsgemäß an das neue Unterrichtsszenario gewöhnt. Wir verfügen nun über alle notwendigen Grundlagen - und können endlich in die Abenteuer starten! Ab hier ist der Verlauf der Geschichte nur bedingt plan- und vorhersehbar, da die Schüler einen großen Einfluss auf die Entwicklung haben (und das ist auch gut so!). Alle im Folgenden dargestellten Vorschläge können deshalb ohne spezielle Reihenfolge gegeneinander ausgetauscht werden. Viel Spaß!
Wer mag keine Geheimnisse? Geheimnisse zu lüften und über sie zu sprechen ist ein optimaler Gesprächsanlass. Und das machen wir uns in diesem Abenteuer zunutze. Je nach Sprachniveau der Lerngruppe habe ich zwei Versionen durchgeführt: 1. Einfaches Sprachniveau --> Wiederholung von Passé Composé und ImparfaitZu Anfang der Stunde berichtet der Lehrer, dass die Inselbewohner etwas Außergewöhnliches gesehen haben und bittet sie, davon zu berichten. Zur Vorbereitung erhalten sie ein Arbeitsblatt mir Leerstellen, die sie möglichst kreativ nutzen sollen. Ich wiederhole zuvor noch einmal schnell die Bildung und die Anwendung von PC und Impafait. 2. Höheres SprachniveauIn fortgeschrittenen Lerngruppen bietet sich mehr Raum für Kreativität. Ich beginne meistens mit einem Bericht, dass ich am Strand eine Flaschenpost mit einer geheimen Botschaft gefunden habe. Die Schüler müssen diese entschlüsseln. Der Hinweis führt sie zu einem Arbeitsblatt, das sie anleitet, ein MYSTERIUM auf der Insel zu entdecken. In Kleingruppen bearbeiten sie das Arbeitsblatt. Am Ende der Stunde werden die einzelnen Geheimnisse in der Klasse präsentiert. Bei Bedarf kann auch abgestimmt werden. Das Geheimnis kann von nun an in der Storytelling mit einfließen!
Es dauert nicht lang, da entwickeln sich innerhalb der fiktiven Charaktere interessante Dynamiken. Bereits mehrfach bot sich die Chance, eine Hochzeit zu planen - eine großartige Gelegenheit, diverse sprachliche Settings zu trainieren! Vorbereitung: n einer der vorhergehenden Stunden spreche ich mich mehreren Schülern, die hierfür geeignet scheinen, und frage, ob sie mit einer Hochzeit einverstanden wären. Hierdurch vermeidet man, dass es einzelne Schüler überrumpelt. Durchführung: Zu Stundenbeginn verkündet das verlobte Paar die freudige Neuigkeit der anstehenden Hochzeit. Anschließend sammeln wir im Gruppenspräch Dinge, die wir vorbereiten können. Mit etwas Lenkung von Lehrerseite entsteht eine dem Arbeitsblatt ähnliche Liste. Schüler ordnen sich anschließend neigungsdifferenziert in eine der meist folgenden Gruppen:- Formulierung und Design einer Hochzeitseinladung,- Kurze Rede des Ehepaares / Geschichte des ersten Kennenlernens- Kurze Rede einiger Freunde- Raumplan mit Tisch- und Buffetarrangement- Hochzeitsmenü (gerne mit lokalen Lebensmitteln wie Krabben u.A.)- Musik- und Animationsprogramm Wie immer präsentieren die Schüler am Ende der Stunde ihre Ergebnisse der Klasse. Ein spaßiges Ende bietet sich, wenn das Brautpaar zu Stundenende unter Applaus und zum Hochzeitsmarsch (einfach vom Handy auf YouTube abspielen) die Klasse verlässt. Ein echter Spaß - und das mitten in der Schule! 🙂
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